Präventionsstelle Unterfranken

Präventionsstelle

November 2021 - Sommerberg Rundschau (Mitarbeiterzeitschrift Heft 79)

Seit 01.08.2021 besteht unter dem Dach unseres Bezirkskrankenhaus Lohr ein neues Angebot: die „Präventionsstelle Unterfranken". Dieses Angebot zielt auf jene wenigen unterunseren Patienten, die auch nach einer stationären Behandlung aufgrund ernstzunehmender Hinweise aus der Vorgeschichte, in bestimmten Situationen oder Zuständen erneut zu Gewalt neigen. Prävention heißt hier also Schutz potentieller Opfer vor körperlichen, psychischen und/oder materiellen Schäden.


Prävention heißt aber auch Schutz des Patienten (vor ,sich selbst", d.h. vor weiteren negativen Folgen solcher Ereignisse), sowie die Ersparnis erheblicher Kosten, welche von der Gesellschaft dann aufzubringen sind. An welche Patienten richtet sich dieses Angebot? In der Hauptsache an Personen mit schizophreniformen Störungen oder mit schweren Persönlichkeitsstörungen in der Hauptdiagnose. Nicht infrage kommen Patienten mit einer Lernbehinderung, einer Suchtstörung oder einer eindeutigen Sexualdevianz.

Die Begleitung der Patienten erfolgt in Form eines Case-Managements mit dem Hauptziel, sie in ihrem jeweiligen Lebensumfeld nach ihrer Entlassung aus der (akut-)stationären Behandlung zu stabilisieren. Strukturell versteht sich das Angebot als eine ergänzende Begleitung zu bereits bestehenden ambulanten Versorgungsangeboten wie Facharztpraxen und Institutsambulanzen. Ganz
individuell auf die Bedürfnisse der jeweiligen Person abgestimmt erfolgen dann entsprechende Angebote. Unser multidisziplinäres Team (Arzt, Psychologen, Sozialpädagoge und Fachkrankenpfleger für Psychiatrie) ermöglicht ein breites Angebot an möglichen Interventionen. An dieser Stelle ist zu betonen, dass die Begleitung durch die Präventionsstelle auch die Förderung von Lebensqualität der betroffenen Person beinhaltet – ganz im Sinne eines „besser Zurechtkommens".

 

Im besonderen Fokus steht bei der Begleitung selbstredend eine regelmäßig erfolgende Gefährlichkeitseinschätzung mittels moderner Prognoseinstrumente. Krisenhafte Entwicklungen sollen so in Kombination mit der Beziehungsgestaltung möglichst früh erkannt und entsprechend abgemildert werden. Im Einzelfall kann dies durchaus auch bedeuten, zur Bewältigung einer Krise eine vorübergehende stationäre Aufnahme zu veranlassen ohne die Begleitung zu unterbrechen.

Die Idee zu diesem Angebot geht auf einen wissenschaftlichen Modellversuch am Bezirksklinikum Ansbach zurück. Seit 2012 existiert dort eine erste sog. „Präventionsambulanz". Dabei gelang es, den klaren Nachweis zu erbringen, dass ein solches Angebot wirkt -sprich: dass von der Gruppe der begleiteten Patienten deutlich weniger in eine forensische Unterbringung kommen, als vergleichbare Patienten, die jedoch nicht begleitet wurden. Die Bayerische Staatsregierung hat diesen Ansatz aufgegriffen und die Mittel bereitgestellt, dass in einem Stufenplan in allen Bezirken des Freistaats solche „Präventionsstellen" gegründet werden. Koordiniert und beaufsichtigt wird diese Initiative vom Amt für Maßregelvollzug in Nördlingen. Nach Oberbayern (München) sind wir vom BKH Lohr für Unterfranken ab Mai 21 in die Gründung und ab August 21 in den Betrieb gegangen. Nach einer Anlaufphase sollen etwa 60 Patienten begleitet werden.

Im Frühjahr ist es unserer Klinikverwaltung gelungen, im Anwesen Ignatius-Taschner-Str. 9 in Lohr die Räumlichkeiten in einer ehemaligen Arztpraxis anzumieten, um sie dann für diese Aufgabe durchaus ansprechend auszustatten. Dr. Holger Münzel als Leiter der Präventionsstelle stellte parallel dazu eine Crew für die Präventionsstelle zusammen. Dazu gehören Cornelia Frohnapfel, DipIom-Psychologin, Peter Schuhmann, Fachkrankenpfleger, Jörg Fleckenstein, Diplom-Sozialpädagoge und Stefan Koschmieder, Diplom-Psychologe. Eine ärztliche Schreibkraft wird derzeit (Stand September 2021) noch gesucht.